Insektizide in einem Regal (unter anderem Monsanto’s Roundup)
Reuters/Charles Platiau
Von Monsanto mitfinanziert

Kritik an Glyphosat-Studien

Zwei vor einigen Jahren erschienene Glyphosat-Studien sind von der heutigen Bayer-Tochter Monsanto mitbezahlt worden, ohne dass dies öffentlich gemacht wurde. Die Intransparenz sorgt nun für Empörung. Doch einer der Autoren verteidigt die Ergebnisse der Studie.

In zwei Studien von 2011 und 2015 des Gießener Instituts für Agribusiness in Deutschland stellten die Autoren das Pflanzenschutzmittel Glyphosat unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten positiv dar – würde man es verbieten, drohten Milliardenverluste in Europas Landwirtschaft, hieß es.

Dass die Finanzierung nicht öffentlich gemacht wurde, empört den Verein Lobbycontrol. So eine verdeckte Einflussnahme auf die Debatte über den Unkrautvernichter sei „inakzeptabel“. Einer der Autoren wies die Kritik am Freitag hingegen zurück. Er sei als Wissenschaftler „stets unabhängig“ gewesen und habe „ohne jede lenkende Einflussnahme von Dritten wissenschaftlich sauber gearbeitet“, erklärte der Agrarökonom Michael Schmitz gegenüber der dpa.

„Keinen Veranlassung“ für Offenlegung von Finanzierung

Die Ergebnisse seien „wissenschaftlich belegt“. Es habe zur Zeit der Entstehung der Studien „keine Veranlassung und keinen öffentlichen Druck“ gegeben, „die Finanzierungsquellen von Drittmitteln offenzulegen, weil allein die Qualität der Arbeiten entscheidend war und man sich auf seriöse Wissenschaftler verlassen konnte“.

Der Professor warf Lobbycontrol und Medien, die kritisch über das Thema berichtet hatten, eine „durchsichtige Kampagne“ vor und „Lobbyarbeit pur für die Befürworter eines Glyphosatverbots“. Der inzwischen emeritierte Professor war lange an der Universität Gießen aktiv, zudem beriet er unter anderem das Bundeslandwirtschaftsministerium. Schmitz betonte, dass er sich auch künftig nicht davon abhalten lassen werde, „unbequeme und dem Zeitgeist widersprechende, aber wissenschaftlich fundierte Aussagen zu machen“.

Institut sieht keinen Grund für Zweifel an Studie

Zuvor hatte die „Süddeutsche Zeitung“ über Monsantos Finanzierung der Studien berichtet. Der deutsche Konzern mit seiner Agrarchemie-Zentrale in Monheim (NRW) bestätigte, dass die Studien von Monsanto mitfinanziert wurden. Für die Aussagekraft der Untersuchungen hatte dies nach Ansicht der Firma aber keine Folgen. „Wir haben zum jetzigen Zeitpunkt keinen Anlass, an den Methoden, Inhalten oder Ergebnissen der Studien zu zweifeln“, sagte der Sprecher und fügte hinzu: „Gleichwohl entspricht der fehlende Hinweis auf die Unterstützung durch Monsanto nicht den Grundsätzen von Bayer.“

Der Politikwissenschaftler Ulrich Müller von Lobbycontrol monierte, dass die Verschleierung der Finanzierung „unsauber“ gewesen sei. „Sie erschwert ein kritisches Hinterfragen der Studien – und das ist genau das Ziel dieser Lobby-Methode.“ Zudem gab er generell zu bedenken, „dass industriefinanzierte Studien häufiger zu industriefreundlichen Ergebnissen führen“.

Extreme Ertragsrückgänge vorhergesagt

In dem konkreten Fall sei auffällig, dass in einer der beiden Studien extreme Ertragsrückgänge bei einem Glyphosatverbot durchgerechnet wurden. „Die Zahlen aus diesem Extremszenario werden dann von den Lobbyorganisationen der Glyphosathersteller ohne Erläuterung verwendet“, sagte Müller. „Das war auch inhaltlich irreführend.“

Die Studien sowie eine 2012 erschienene Kurzzusammenfassung des ersten Werks liegen der dpa vor. Die Schriften beschäftigen sich nicht mit der Frage, ob Glyphosat gesundheitsschädlich ist, sondern sie sind ein agrarökonomischer Blick auf das Thema. Die Autoren prognostizieren darin Ertragsverluste von bis zu zehn Prozent, sollte Glyphosat verboten werden. „Langfristig können die ökonomischen Verluste, aufgrund des Verlustes der Wirkstoffklasse und der sich dann exponentiell entwickelnden Resistenzvorkommen, noch deutlich höher liegen“, heißt es in besagter Kurzzusammenfassung von 2012.

Die Produktionsrückgänge und Kostenanstiege in der EU-Landwirtschaft bezifferten die Autoren auf bis zu 4,2 Milliarden US-Dollar. „Die Hauptlast tragen dabei die Produzenten, aber auch die Konsumenten und die Steuerzahler sind durch die ansteigenden Preise betroffen.“ Dieser Text wurde in einer Zeitschrift des Julius-Kühn-Instituts publiziert, einer dem deutschen Landwirtschaftsministerium unterstellten Forschungseinrichtung zu Kulturpflanzen. Das Institut teilte auf Twitter mit, man überprüfe die Texte.

„Kronzeugen mit Professorentitel“

Die in den Schriften enthaltenen Pro-Glyphosat-Aussagen kursierten nach Darstellung von Lobbycontrol jahrelang in der politischen Debatte und wurden von Glyphosat-Befürwortern als objektiver Beleg für die Unverzichtbarkeit der Substanz genutzt. „Monsanto benutzte Kronzeugen mit Professorentitel, um den eigenen Botschaften Glaubwürdigkeit zu verleihen und sich mehr Gehör in der Öffentlichkeit und Politik zu verschaffen“, sagte Politikwissenschaftler Müller.

„Das Verschleiern der wirtschaftlichen Interessen erschwert das kritische Hinterfragen und Einordnen der Studien.“ Mit Blick auf den jetzt beginnenden Prozess zur EU-Wiederzulassung von Glyphosat im Jahr 2022 forderte er Bayer auf, bei Studien die Finanzierung klar zu benennen. In Österreich soll 2020 ein Glyphosatverbot in Kraft treten.

Es ist nicht das erste Mal, dass Monsanto für die Art und Weise seiner Einflussnahme auf die Glyphosatdebatte Kritik einstecken muss. So war in diesem Frühjahr bekanntgeworden, dass Monsanto in den Jahren 2016 und 2017 geheime Listen von Glyphosatgegnern geführt hatte. Dafür entschuldigte sich Bayer später.