Etappenerfolg für Ceta-Gericht

Der Generalanwalt des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) ist der Meinung, dass das im Freihandelsvertrag zwischen der EU und Kanada (Ceta) vorgesehene Investitionsgerichtssystem in Ordnung ist. Um dieses System hatte es einen heftigen Streit gegeben.

Christoph G. Schmutz, Brüssel
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Das umstrittene Freihandelsabkommen Ceta und dessen Befürworter können einen kleinen Erfolg verzeichnen. In seinem Schlussantrag plädiert der Generalanwalt des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) dafür, dass das in dem Vertrag vorgesehene Investitionsgerichtssystem mit dem einschlägigen Primärrecht der EU vereinbar ist. Dieser Antrag ist für den Gerichtshof nicht bindend, das abschliessende Urteil steht noch aus und dürfte erst in einigen Monaten gesprochen werden.

Ein Krimi mit den Belgiern in der Hauptrolle

Die Unterzeichnung des Freihandelsabkommens zwischen der EU und Kanada war ein Krimi. Aufgrund der einschlägigen Bestimmungen des EU-Rechts und der gesetzlichen Grundlagen betreffend internationale Abkommen in Belgien kam es 2016 so weit, dass das Ja vonseiten der EU in den Händen eines belgischen Regionalparlaments lag. Die Wallonen sehen sich nach dem Niedergang ihrer einst stolzen Schwerindustrie als Verlierer der Globalisierung. Deswegen und aus weiteren, innenpolitischen Gründen blockierten die französischsprachigen Belgier das Abkommen lange, blamierten damit die EU und brachten die Übereinkunft beinahe zum Scheitern. Mit Zugeständnissen in letzter Minute konnte das Abkommen jedoch gerettet und Ende Oktober 2016 dann doch noch unterzeichnet werden.

Eine der dafür erforderlichen Zusicherungen lautete, dass das Königreich Belgien den EuGH um ein Gutachten zum im Ceta-Vertrag vorgesehenen Mechanismus zur Beilegung von Streitigkeiten zwischen Investoren und Staaten ersuchen würde. Der Gerichtshof soll klären, ob dieser Mechanismus mit dem Primärrecht der EU vereinbar ist.

Freihandelsverträge enthalten häufig auch Bestimmungen, die Investoren im Ausland vor Diskriminierung und Enteignungen ohne Entschädigung schützen sollen, was auch als Investitionsschutz bezeichnet wird. In der Vergangenheit wurden dabei in der Regel private Schiedsgerichte eingesetzt (Investor-to-State Dispute Settlement, ISDS), um diese Streitereien zwischen Firmen und Staaten beizulegen. Diese privaten Gerichte haben einige Kritik ausgelöst, nicht nur im Fall Ceta, sondern beispielsweise auch beim mittlerweile auf Eis gelegten transatlantischen Abkommen mit den USA, TTIP. So wird befürchtet, dass vereinfacht gesagt an den «richtigen» Gerichten vorbei Recht gesprochen wird. Ferner hat man Angst, dass Firmen mit der Androhung von Schadenersatzklagen gegen unliebsame Regeln im Ausland vorgehen. Ein typisches Beispiel dafür ist eine hängige Klage des Tabakkonzerns Philip Morris gegen Australien. Die strengen Zigarettenvermarktungsregeln («Einheitsverpackung») stellten eine Enteignung dar, findet der US-Konzern. Zudem würden spezialisierte Anwälte einmal als Richter und einmal als Vertreter von Parteien amten, was eine ungesunde Rollenvermischung darstelle.

Öffentliches Gericht mit Profis

Um diese Kritik zu entkräften, sieht das Freihandelsabkommen mit Kanada die Einrichtung eines neuartigen Investitionsgerichtssystems vor. Künftig sollen professionelle Richter in einem öffentlichen Investitionsgericht Fälle in eng begrenztem Rahmen beurteilen. Ein solches System würde nun in der Sichtweise des EuGH-Generalanwalts kein EU-Recht verletzen. Die Autonomie des Gerichtshofs würde nicht beeinträchtigt, denn das Investitionsgericht würde im Wesentlichen nur bei Verstössen gegen das Abkommen Entschädigungen zuerkennen. Das sei ein sehr enger Anwendungsbereich. Der Grundsatz der Gleichbehandlung werde gewahrt, weil kanadische Investoren in der EU nicht als gleichwertig mit inländischen Investoren eingestuft werden könnten. Schliesslich sei auch das Recht auf Zugang zu einem unabhängigen und unparteiischen Gericht gewahrt, weil das Investitionsgericht lediglich eine ergänzende Schutzmöglichkeit darstelle.

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