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Glyphosat EU-Kommission schlägt Zulassung für weitere zehn Jahre vor

In der EU wird seit Langem über das Unkrautvernichtungsmittel Glyphosat gestritten. Nun will die EU-Kommission einem Expertenausschuss vorschlagen, die Zulassung um weitere zehn Jahre zu verlängern.
Ein Bauer spritzt Glyphosat auf ein Feld in Niedersachsen (Archivbild)

Ein Bauer spritzt Glyphosat auf ein Feld in Niedersachsen (Archivbild)

Foto: Steven Lüdtke/ Forum Moderne Landwirtschaft/ DPA

In dem am Mittwoch veröffentlichten Vorschlag der EU-Kommission heißt es, die Begrenzung auf zehn Jahre sei angesichts der Risikoabwägung "angemessen". Die zweitägige Sitzung des Expertenausschusses endet am Donnerstag. Es wird erwartet, dass der Ausschuss sein Votum im September oder Oktober abgibt.

Der EU-Gesundheitskommissar Vytenis Andriukaitis hatte am Montag erklärt, er wolle bei der wissenschaftlichen Debatte um die Schädlichkeit von Glyphosat zum Ende kommen. Es gebe keinen Grund, den Stoff als krebserregend einzustufen. Dies sei auch die Auffassung der Europäischen Chemikalienagentur (Echa) und der Europäischen Agentur für Lebensmittelsicherheit (Efsa). Bereits zuvor hatte Andriukaitis von einer "Konvergenz der wissenschaftlichen Meinungen" gesprochen.

Vor dem Sitz der EU-Kommission in Brüssel fand am Mittwoch eine Kundgebung gegen das Unkrautvernichtungsmittel statt. Mehrere Dutzend Aktivisten ließen eine Riesensprühflasche mit der Aufschrift Glyphosat von einem Sockel stürzen.

Die EU-Kommission hatte bereits früher auf den Befund des Ausschusses für Risikobeurteilung der Echa hingewiesen, wonach die Substanz nicht als genverändernd oder gefährlich für die Fortpflanzung eingestuft werden kann.

In anderen Analysen heißt es hingegen, Glyphosat könne möglicherweise krebserregend sein. Die zur Weltgesundheitsorganisation (WHO) gehörende Internationale Agentur für Krebsforschung (IARC) hatte im März 2015 erklärt, Glyphosat sei "wahrscheinlich kanzerogen".

Bei der IARC geht es allerdings - unabhängig von Einsatzszenarien oder Dosierung - um mögliche Krebsgefahren eines Stoffes. Also um die Frage, wie stark ist die Beweislage dafür ist, dass etwas beim Menschen grundsätzlich Krebs auslösen könnte. Es geht nicht darum, wie groß die Gefahr in der Praxis ist. So stuft die IARC etwa Alkohol als "sicher krebserregend" ein.

Übergangslösung läuft zum Jahresende aus

Die Efsa stufte Glyphosat im Gegensatz zur IARC später als ungefährlich ein. Sie berief sich dabei auch auf Forschungsergebnisse, die sie nicht im Detail offenlegte. Mehrere Grünen-Abgeordnete des Europaparlaments reichten Anfang Juni Klage beim Europäischen Gerichtshof (EuGH) ein, um eine Freigabe der von der Efsa unter Verschluss gehaltenen Studien zu erzwingen. Sie werfen der Agentur vor, die Glyphosathersteller schützen zu wollen, die eine der Studien finanziert haben sollen.

Mehrere Europaabgeordnete werfen Echa und Efsa vor, sie hätten sich vom US-Konzern Monsanto beeinflussen lassen - dem Hersteller des weltweit am meisten verwendeten Unkrautvernichtungsmittels Roundup, das Glyphosat enthält. In den USA hat der Bundesstaat Kalifornien die Substanz als "potenziell krebsauslösend" eingestuft.

In der EU wird seit Jahren über Glyphosat gestritten. Nach einer monatelangen Hängepartie hatte die Kommission Ende Juni vergangenen Jahres mangels einer Mehrheit der Mitgliedstaaten für oder gegen Glyphosat die Zulassung vorerst um anderthalb Jahre verlängert. Zum Jahresende läuft die derzeitige Übergangslösung aus.

Die Internetkampagne einer Europäischen Bürgerinitiative für das Verbot von Glyphosat hatte im Juni - nur vier Monate nach ihrem Start - mehr als eine Million Unterschriften gesammelt. In Deutschland wird Glyphosat auf rund zwei Fünfteln der Felder gespritzt. In der Bundesregierung gibt es Streit um die Frage der Weiterzulassung, Kanzlerin Angela Merkel (CDU) und Agrarminister Christian Schmidt (CSU) sind dafür, Umweltministerin Barbara Hendricks (SPD) dagegen.

chs/AFP
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